„Ein herrliches Gefühl – Fahrradfahren mit extra-Schub“
Im Frühjahr diesen Jahres feierte der erste eBike-Store Hamburgs seine Eröffnung in der Lindenstraße in St. Georg. Quartiersmanager Wolfgang Schüler ist kein Radprofi, kein Sportler, nicht technisch versiert und meist als Fußgänger in St. Georg unterwegs. Er hat noch nie auf einem eBike gesessen. Optimale Voraussetzungen, um das neue Fortbewegungsmittel zu testen. Be Well St. Georg dokumentiert die Probe aufs Exempel.
„Das ist ein so genanntes Pedelec, ein Fahrrad mit elektrischer Unterstützung“, steigt Frank Heitmeyer in das Informationsgespräch im ersten eBike-Store ein. „Sie treten in die Pedale und es gibt ihnen einen zusätzlichen Schub“, erklärt er dem Nachbarn aus der Lindenstraße. Aber im Grunde sei das eBike wie ein normales Fahrrad zu fahren.
Motor vorn oder hinten – was ist von Vorteil?
Die unterstützende Kraft wird über verschiedene Modi eingestellt. Das geht über eine ganz normale Schaltung. Bei einigen Rädern von Null bis Drei, bei anderen von Null bis Acht. Es gibt Frontantrieb, Mittelmotor oder Heckantrieb. Zudem wird unterschieden zwischen ohne Rücktritt und mit Rücktritt. Wenn der Motor in der Mitte liegt, hat das eBike keine Rücktrittbremse. Das geht nur, wenn der Motor vorne ist. Da der Antrieb über die Kette läuft, ist das nicht kombinierbar. Der Radfahrer würde sozusagen den Motor abwürgen, wenn er den Rücktritt treten würde. „Wenn Menschen gerne mit Rücktrittbremse fahren, ist ein Rad mit Motor vorn von Vorteil“, weiß Berater Heitmeyer. So wie für Wolfgang Schüler. Der 64-Jährige fährt auch lieber mit Rücktrittbremse. Das von Schüler getestete Rad ist ohne Rücktritt. Ein bisschen Herausforderung muss schon sein.
Wie lange braucht der Akku zum Aufladen?
Viereinhalb Stunden braucht es, um den Akku voll aufzuladen. Das kann man gut über Nacht machen oder tagsüber im Büro. Es empfiehlt sich die 500-Euro-wertvolle Batterie auch zwischendurch aufzuladen. Bei normaler Fahrweise hält so ein Akku 70 Kilometer. Aber was ist bei Berg- und Talbahn - beispielsweise in Blankenese oder Stuttgart? „In Stuttgart hält so ein Akku vielleicht 55 Kilometer, auf einer Tour entlang der Elbe entsprechend länger“, rechnet Prokurist Heitmeyer vor. Es sei wie beim Benzinverbrauch von Autos, die reichen auch von fünf bis zehn Liter. Es kommt eben auf die Topografie und die Fahrweise an!
Wenn Sie ins Gebirge wollen? Ich hab' hier eins!
Für Interessierte, die mit so einem eBike in die Berge wollen, bietet der eBike-Geschäftsführer ein besonders Angebot: Er schickt sie für die Probefahrt einfach in die Tiefgarage – garantiert 36 Grad Steigung. „Das finden die meisten Kunden dann sehr sportlich.“ Sie haben die Wahl zwischen Komfort betont, der Tour-, der City-, und der Klapp-Variante. Zudem ist es eine Frage des Budgets. Die Preise liegen von1.500 bis 2.500 Euro. Mit 1.899,-Euro sei das 28-Zoll-Rad Raleigh Pedelec „verhältnismäßig günstig“, aber mit 24,2 Kilo auch nicht ganz leicht.
Was für ein Rad-Typ bin ich?
„Sag' mir was für ein Rad-Typ du bist, und ich sage dir welches Rad zu dir passt“, betont Heitmeyer. So ist auch das Konzept des Ladens angelegt. Alle Räder stehen zu 100 Prozent zum Testen bereit. Im Unterschied zu anderen Fahrradläden zeigt der eBike-Store in St. Georg auf 300 Quadratmeter Fläche nur Testräder, das heißt von allen eBike-Ausstellern alle Varianten – und nicht nur jeweils die besten. Es gibt Räder fürs Gelände, wie das Mountainbike Flyer X. Flyer das ist sozusagen der Mercedes, denn der Kunde kann die Konfiguration seines e-Bikes komplett selbst zusammenstellen. X steht für Mountainbike. Optimal zum Down-Hill fahren zeichnet es sich natürlich durch Vollfederung aus. Damit verleiht es angeblich Flügel und ist Kilimanscharo getestet. Davon gibt’s wiederum eine Straßen-, eine Mountainbike- und eine Tour-Serie. Und jeder kann diverse Räder testen, um sich dann für das passende Rad zu entscheiden. „Denn es gibt nicht das beste, sondern es gibt nur das richtige“, behauptet Shopmanager Stefan Kalali.
Das einzig Wahre
Wenn die Entscheidung für das einzig Wahre gefallen ist, geht die Bestellung an den Hersteller bei Flyer BikeTec Rädern z.B. in die Schweiz. Dort wird es montiert. Die Lieferzeiten sind auch nicht zu vernachlässigen. „Das ist so, als wenn man ein Auto aus Stuttgart bestellt“, erklärt Frank Heitmeyer. Im Sommer lagen die Lieferzeiten bei bis zu zwölf Wochen. Bei besonderen Rädern wie den Flyern mussten die Kunden noch länger warten. Aber einfache Kombinationen können auch gleich mitgenommen werden. Auf Schüler wartet ein 28-Zoll Raleigh Dover De Luxe in Schwarz/Burgunder-Rot. Ein Rad das in Cloppenburg gebaut wird.
Warum haben Sie dieses Rad für Wolfgang Schüler ausgesucht?
Das passt gut zum Stil von Herrn Schüler, findet der Verkäufer. „Es ist bequem und gediegen.“ Eben ein entspanntes Stadtrad.“ Damit bestehe eine Chance die Städte autofrei zu bekommen.“ Erst zuletzt bei einer Präsentation im Bundestag bei der Grünen-Fraktion griff dieses Argument seiner Meinung nach: „Wenn die Leute sich nicht anstrengen müssen, fällt es einfacher das Auto stehen zu lassen“, meint Stefan Kalali.
Und wie viel Energie sprich Kilowatt verbraucht so ein eBike pro Tour und was kostet das?
Der Akku für den 250 Watt leistungsstarken Mittelmotor hält etwa 700 Ladezyklen. Einmaliges Aufladen koste etwa acht Cent, sagt Kalali. „Eine Kaffeekanne kochen entspricht 100 Kilometer eBike fahren.“ Schönes Beispiel, findet Schüler und ergänzt. „Selbst wenn es nur 50 gefahrene Kilometer sind, sind acht Cent fürs Aufladen ja nix.“ Kalali schiebt noch einen Vergleich nach. „Beim eBike fahren schwitzt der Radler nicht. Beim richtigen Fahrrad verbraucht man zwar keinen Strom, aber man muss duschen.“Schüler lacht. Das überzeugt ihn.
Nun muss Schüler eBike fahren
Power on. Mittlere Modus. „Das ist der Standardmodus“, erklärt Frank Heitmeyer. Er selbst fährt lieber mit dem höchsten Modus, „weil das am meisten Spaß macht“. Aber da ist der Verbrauch auch am höchsten! Je höher der Schub, desto höher der Verbrauch – wie beim Auto auch. Drei kleine grüne Lichtbalken zeigen den Ladezustand an. Wenn sie ausgeleuchtet haben, fährt sich das Rad als wenn ein bisschen mehr Gepäck geladen wäre. Der Akku wiegt etwa nur so viel wie ein Liter Milch. Der Unterschied sei kaum zu merken, meint Schüler später. Und Heitmeyer ergänzt: Mit einem eingeschaltetem Dynamo am Rad zu fahren sei dagegen schwerer.Die Kraft-Schaltung reicht von eins bis acht. Es gibt sportlichere, mit kleineren Rädern, die fahren auch „nur“ bis 25 Stundenkilometer. Dieses eBike ist sportlich, wendig, ein tolles Stadtrad!
Schülers erste Worte: „Es ist herrlich, ein besonders Fahrvergnügen, es strengt überhaupt nicht an!“Klingelt und fährt beschwingt von dannen.
...ein paar Probefahrten spätersieht Schüler die Sache so: „Ich hab' jetzt ein vertrautes Gefühl beim Fahren und fühle mich sicherer als bei der ersten Probefahrt.“ Denn er sei „kein technischer Mensch, „ich bin technisch unbegabt und auch nicht sportlich und dachte, was kannst du alles falsch machen“, räumt der Quartiersmanager ein. Aber das einzige, was gewöhnungsbedürftig für den Nicht-Techniker war: „Das war der Rücktritt, weil die Batterie bei diesem Rad in der Mitte sitzt.“ Und ergänzt: „Es ist optimal für Leute, die nicht ins Schwitzen kommen möchten oder Probleme mit den Knien haben. Eben beschwingtes Fahren, ohne Anstrengung.“
Text:Marina Friedt
Fotos: Barbara Gitschel-Bellwinkel