Die 15. Ausgabe "Be Well in Hamburg St. Georg" ist erschienen  

St. Georgs Stadtteilführer für 2024

 

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Dragomirs Spruch der Woche
frei nach Winston Churchill: "Etwas aufzubauen mag langsame und mühsame Arbeit von Jahren sein. Es zu zerstören kann der gedankenlose Akt eines einzigen Tages sein."

   

Seit mehr als fünfzig Jahren arbeitet Helmut Wiederhold mit Glas. Mehr als dreißig Jahre davon in der Koppel 23 - von außen leicht erkennbar an den vielen außergewöhnlichen Glasobjekten im Schaufenster. Darunter auch Arbeiten von seinem Partner Hartmann Greb. Am 30. April ist, überraschenderweise einen Monat früher als von ihm bisher kommuniziert, Schluss damit – und Helmut sagt Tschüss.

Die Glaskunst
Das "gläserne Reich" von Helmut Wiederhold befindet sich keine fünf Gehminuten vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt, einfach die Koppel hinuntergehen. Gleich links am Eingang empfängt den Besucher ein Regal mit vollendeten Glasutensilien zur Inspiration: Große und kleine Gefäße, mit buntem Rand oder schlicht, mit oder ohne verzierende Ornamente und alle für die verschiedensten

Anlässe – als Gläser für Weißwein, Rotwein, Schnaps oder Blumen oder für Knabbereien. Am beeindruckendsten sind die bauchigen Karaffen mit tränenartigem Tropfenverschluss. Der Renner sind seine einfachen Gebrauchsgläser. Nicht nur im Stadtteil nutzen viele Helmuts Gläser, erkennbar am eingeritzten Kaktus, natürlich alle spülmaschinenfest. Und falls etwas zu Bruch geht: Helmut repariert es wieder. Doch Ende des Monats ist Schluss, und alle, die noch reparaturbedürftige Gläser haben, müssen sich nun sputen.

Der Feuermeister
Noch posiert an der Wand ein schlanker alter gußeisener Holzofen. Im Winter heizte er Helmut im Gegenzug zu ein paar Holzscheiten oder Briketts in diesem einfachverglasten Altbau kräftig ein. Der fliegt wahrscheinlich als erstes heraus, wenn die Sanierungsarbeiten auch in diesem Teil des Hauses beginnen und in dem schönen Geschäft naturgemäß sicher kaum ein Stein auf dem anderen bleiben wird. Aber noch liegen auf dem länglichen Tisch, der den kleinen Raum dominiert, vorn an der Kante Papiere wie Einladungspostkarten oder Stadtteilinfos wie "Der Lachende Drache", das Stadtteilmagazin des Einwohnervereins, oder die bekannten "Blätter aus  St.Georg" des Bürgervereins St. Georg einig nebeneinander. Dahinter warten alle Varianten an einfachen Glasstangen darauf, in der Hand des Meisters eine Form zu erhalten. Mit Feuer und Zangen kunstvoll hantierend und dazwischen mit seiner Luft
die gewünschte Form blasend und zwischendurch mit Gästen die politischen Themen des Stadtteils zu diskutieren, so kennen wir das langjährige SPD- und Stadtteilbeiratsmitglied, dessen Vorsitz er auch einige Jahre inne hatte.

Mein kleiner grüner Kaktus
Seit 50 Jahren arbeitet Helmut mit Glas. Vor dreißig Jahren, 1987, wurde die Glaskunstbläserei "Cactus-Glas" gegründet. Beteiligt waren damals vier Kollegen: Monika Künzl-Jauß und Manfred Jauß sowie Hartmann Greb und Helmut Wiederhold. Der Name der Werkstatt rührt von dem Spitznamen der einzigen Frau im Bunde. Ihr Mann sang immer "Mein kleiner grüner Kaktus", lacht Helmut und fügt hinzu "sie war so eine kleine Zarte". Der kleine Kaktus wurde fortan als Logo in die Gläser eingraviert und steht in so manchem Haushalt auf St. Georg mal im Schrank und mal auf dem Tisch.
Drei Jahre später übernahmen Helmut und Hartmann die Geschäftsführung. Mit seinem Partner verbindet Wiederhold nicht nur eine jahrzehntelange Liebe zur Glaskunst. Eine besondere Herausforderung war für die Beiden die Zeit, in der sich Hartmann mit seiner Glaskunst selbständig und einen bekannten Namen machte, erzählt Helmut.

Gelernter Thermometerglasbläser
Helmut Wiederhold wurde 1943 im erzkatholischen Fulda geboren. Nach einer Ausbildung zum Thermometerglasbläser (ja, so heißt das!) von 1958 bis 1961 lernte Helmut als Geselle in Fulda und Berlin. Anfang der 70-er Jahre arbeitete er als Neonglasbläser zunächst in München, später in San Diego, USA. Die Arbeit mit Pavel Molnar in seiner Werkstatt in München und Hamburg seit 1975 wurde bald mit ersten eigenen Ausstellungen belohnt. Und dann, Ende der 80-er Jahre, folgte die eigene Werkstatt mit der Gruppe Cactus-Glas, verbunden mit Ausstellungen von Kleinplastiken und Unikat-Gläsern in verschiedenen Galerien und Museen.

Die Geschichte vom "Octopus"                  
Direkt beim ersten der drei "KunstKalender St. Georg", die wir von 2009 bis 2011 in den Läden auf St. Georg ausstellten, war Helmut mit einem besonderen Glasobjekt dabei: einem dreiarmigen "Octopus", den er im Weihnachtsladen Lange Reihe 47 auspackte. Für mich persönlich unvergessen ist die spätere Versteigerung dieses Objekts im Metropolis-Kino am Steindamm (heute wieder Savoy): Helmuts Octopus wurde von Kunstliebhaber Karl-Heinz Ramke ersteigert. Sehr zum Unmut meines damals elfjährigen Sohnes, der fasziniert war von dem außergewöhnlichen Glasobjekt. Aber, als noch nicht geschäftstüchtig, hatte er keine Bieterkarte erworben und musste zudem zur Schlafenszeit die Auktion mit seinem Opa verlassen. Wenige Tage später rief ich Karl-Heinz Ramke an und bat ihn, mir die erste Kunstobjektliebe meines Sohnes zu verkaufen. Aber der "König von St. Georg" ging weiter: Er schenkte mir das begehrte Glasobjekt und ein paar Orangen für Lasse - es war kurz vor Weihnachten. Seither hat der Octopus einen besonderen Platz in seinem Zimmer.

Beleuchtete Hoteltürme
Zurück zu Helmut. In den vergangenen Jahren schränkte er seine Öffnungszeiten immer stärker ein. Der Endsechziger wollte mehr Zeit mit seinem Partner auf dem Gehöft in der Wilster Marsch, eine Autostunde von Hamburg entfernt, verbringen. Zukünftig wird er ganz dort leben und einige liebgewonnene Traditionen vielleicht vermissen. Wie die Pferdewurst immer wieder donnerstags auf dem Wochenmarkt am Carl-von-Ossietzky-Platz. Aber dafür genießt er nun öfter den wundervollen Blick aus dem Schlafzimmerfenster auf die den Nordostsee-Kanal durchquerenden Schiffe. Vor allem nachts soll der Anblick der riesigen Passagierschiffe, die wie beleuchtete Hotelbauten vorbeiziehen, beeindrucken.

Helmut ade
Die Abschiedsfeier sollte ursprünglich im Mai stattfinden. Da Helmut sich mit dem Kündigungstermin versehen hatte, geht nun alles etwas hoppla-hopp. Nur noch bis zum 28. April muss jetzt "alles raus". Gleiches gilt übrigens für den Goldschmiedladen von Kalle Fleschner, der vor acht Jahren im hinteren Bereich der Glasbläser-Werkstatt sein Quartier aufgeschlagen hat. "Am 27. April lässt es sich Helmut aber nicht nehmen, im Rahmen des Girls-and-Boys-Day noch einem jungen Interessierten das Glasblasen zu zeigen", erzählt Hartmann gelassen. Danach ist dann wirklich Schluss und Bestellungen werden nur noch online entgegen genommen. Wer Zeit findet, sollte die Gelegenheit nutzen, sich zu verabschieden. Der Einwohnerverein St. Georg macht das am 21.April um 16 Uhr und im Rahmen seiner 30-Jahres-Feier am 6. Mai 2017. Marina Friedt
www.cactus-glasblaeserei.de

Gute Wünsche für Helmut: 
"Lieber Helmut, wie schade, dass Du aufhörst! Dein Atelier/Laden in der Koppel war und ist ein Geheimtipp in St. Georg, wo macht man noch so ein schönes Handwerk in Hamburg? Deine Gläser benutze ich täglich und ich bin so froh, dass es so leichtes Glas gibt.  Ich wünsche Dir, lieber Helmut,viel Glück, Spaß, Liebe und Abenteuer zum Ruhestand." Deine Tita do Rego Silva, Koppel 66

"Seit ich mit Glas arbeite ist mir die Galerie Cactus-Glas ein Begriff. In 2000 bekam ich dort eine Ausstellung. Es war sehr beengt und intim in der umgenutzten Wohnung. Vorne hatte Helmut seine Werkstatt. Hartmann und Helmut kümmerten sich sehr aufmerksam um alles und die Einladung zum Essen zur Vernissage ist mir noch gut in Erinnerung. Wir hatten viel Spaß und ich fühlte mich überhaupt nicht fremd. Diese beiden Männer mit ihrem Charme und ihrer Zugewandtheit haben das kleine, feine Ereignis zu einem besonderen Erlebnis gemacht. Ich habe zwei sehr liebe Menschen kennengelernt. Helmut, ich wünsche Dir alles Gute für deine weiteren Jahre. Eine ganz herzliche Umarmung von Beate, inzwischen aus Oldenburg". Beate Kuchs, Glasatelier Kuchs, Oldenburg

Fotos: Mariana Friedt
Helmut bei der ersten KunstKalender-AuspackAktion in der Langen Reihe 47.
                                                   Der begehrte "Octopus" startete bei der Auktion mit 55 Euro.

   

Mit freundlicher Unterstützung von

   

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